„Lasst das Öl in der Erde!“
Die Weinheimer Grünen diskutieren mit Experten und dem Publikum über die geplante Erdölförderung in Weinheim
Tief in der Weinheimer Erde gibt es aller Wahrscheinlichkeit nach Erdöl. Wenn es ausreichend viel ist, soll es gefördert und verkauft werden (wir haben berichtet). Aber wie sinnvoll ist es überhaupt, in Zeiten der Energiewende neue Erdölquellen zu erschließen? Und was würde das speziell für Weinheim bedeuten? Diesen Fragen wollten die Weinheimer Grünen nachgehen und haben sich dafür zwei Experten eingeladen.
Zunächst stellte der Geologe Dr. Michael Suana, Geschäftsführer der Firma Rhein Petroleum in Heidelberg, seine Pläne für eine Erdölgewinnung auf Weinheimer Boden vor. Auch er sei dafür, dass auf der Welt weniger Erdöl und andere fossile Rohstoffe verbrannt werden, so wie es alle sagen, die von einer „Dekarbonisierung“ sprechen und damit den Ausstoß schädlicher Klimagase begrenzen wollen. Das Erdöl, das man in Weinheim fördern könnte, wäre allerdings viel eher für die Herstellung wertvoller Kunststoffe geeignet und käme gar nicht erst in die Verbrennung, sagte Suana. Außerdem betonte er die Vorteile, die eine lokale Förderung hätte: Erdöl müsste nicht mehr nur importiert werden, der Transport über tausende von Kilometer würde entfallen, es würde dadurch billiger, und die heimische Wirtschaft hätte ein zusätzliches Erwerbsfeld.
Dem widersprach energisch der zweite Gast des Abends, Dr. Rüdiger Haude vom Solarenergie-Förderverein, der aus Aachen angereist war. Haude betonte mit Blick auf den Klimawandel, dass jedes zusätzliche Fass Erdöl den Ausstoß von CO2 vermehre, und deshalb forderte er kategorisch, das Öl solle in der Erde bleiben. Auch dem Vorteil einer rein stofflichen Nutzung des in Weinheim geförderten Erdöl widersprach Haude: Egal ob als Treibstoff in Motoren oder als Bestandteil von Plastik, früher oder später lande alles Öl in der Verbrennung. Das Argument vom heimischen und deshalb billigen Öl hielt er für Falschmünzerei. Wenn man die großen Folgekosten des Klimawandels mit einrechnete, müsste das Öl ohnehin viel teurer sein als heute. Diese „externalisierten“ Kosten sollten nach der Meinung von Haude über eine CO2 –Steuer dem Ölpreis zugeschlagen werden.
Auf die lokalen Belange der geplanten Erdölförderung ging der dritte Gesprächsteilnehmer, der Erste Bürgermeister Dr. Torsten Fetzner ein. Er wollte die möglichen Vor- und Nachteile für die Stadt Weinheim abwägen und kündigte deshalb an, die Stadtverwaltung werde eigene Grundstücke an Rhein Petroleum verpachten, um auf diesem Wege die Realisierung des Projekts kontrollieren und mitbestimmen zu können. Fetzner ließ keinen Zweifel daran, dass er für Weinheim mehr Vor- als Nachteile erwarte, auch wenn er die möglichen Einnahmen von Pacht und Gewerbesteuer zum jetzigen Zeitpunkt noch nicht hervorheben konnte.
Für die gastgebenden Grünen stellte die Fraktionsvorsitzende Elisabeth Kramer klar, dass im Zeitalter der Energiewende die Erschließung neuer Ölquellen ein „falsches Signal“ sei. Eine Ölquelle vor unserer Tür würde die Menschen in der trügerischen Hoffnung lassen, dass ja noch genug Öl vorhanden sei und somit von der Notwendigkeit einer wirklichen Energiewende ablenken. Vorziehen würde sie, das betonte Frau Kramer, die Nutzung des heißen Tiefenwassers zur Strom- und Wärmegewinnung, ein allerdings längerfristiges Projekt. Vorerst sei tatsächlich die Energieeinsparung durch uns alle und auch die Realisierung einer CO2-Steuer die wesentlichen Ziele, die von den Grünen zu verfolgen seien.
Die lebhafte aber unter Leitung des Moderators Dr. Alexander Boguslawski sehr sachliche Diskussion mit den rund 60 anwesenden Bürgerinnen und Bürgern drehte sich hauptsächlich um Details der geplanten Bohrung im Hammelsbrunnen. Wie groß und nachhaltig ist der Verbrauch der benötigten Ackerfläche? Welche Menge Öl erwarten die Betreiber, und welche Verkehrsflächen werden für den Abtransport gebraucht? Wie hoch könnte die an Weinheim zu entrichtende Gewerbesteuer sein? Auf einige Fragen konnte Dr. Suana antworten, für einige Fragen war es noch zu früh, weil das geplante Projekt noch gar nicht endgültig entschieden ist. Das Publikum dankte auf jeden Fall den Veranstaltern und den Referenten für diese frühzeitige Gelegenheit, sich zu informieren und zu diskutieren.