Rede zum Haushalt 2015 – vorgetragen am 25. Februar 2015 von GAL-Fraktionsvorsitzenden Elisabeth Kramer
…
Kleine Situationsanalyse:
Der Oberbürgermeister wirft dem Gemeinderat vor, wir, der GR, hätte Schuld zu an unserer Finanzmisere. Seit dem 10. Dezember, seitdem er den HH-Entwurf eingebracht hat, tut er das wiederholt. Er hätte schließlich nur zwei Hallen gewollt, der GR hat auf allen dreien bestanden. Daher das große Haushaltsloch.
Ich möchte hier Gustav Heinemann zitieren:
„Wer auf andere mit dem ausgestreckten Zeigefinger zeigt, der deutet mit drei Fingern seiner Hand auf sich selbst.“
Wir – der GR – sollen also schuld sein, dass 12 Mio. Euro fehlen! Wo eine Halle 3 – 4 Mio. kostet? Das ist alles zu viel, keine Frage, aber das Defizit hat ja wohl mehrere Gründe. Die Hallen sind nur ein Teil davon. Beschuldigungen helfen hier überhaupt nicht weiter, wir müssen gemeinsam sehen, wie wir aus diesem Schuldenloch herauskommen.
Wir alle wissen, dass unser Haushalt chronisch und vor allem ab 2017 dramatisch unterfinanziert ist. Hier mit strukturellen Verbesserungen zu Einsparungen zu gelangen muss weiterhin Anstrengung der Verwaltung bleiben.
Daher brauchen wir dringend wieder den Einsatz der HH-Strukturkommission. Deren frühere Arbeit hat immerhin 1,1 Mio. pro Jahr an Ersparnis erbracht, zu wenig allerdings, um sich ausruhen zu können. So ist zum Beispiel zu überlegen, ob Citymanagement, Tourismus und Kultur tatsächlich direkt in städtischer Hand liegen müssen. Es geht hier ja nicht um Daseinsfürsorge, das könnte auch eine ausgegliederte GmbH bewältigen.
Die Notwendigkeit deutlicher Einsparungen ergibt sich aus unserem jetzigen und erst recht aus dem zukünftigen Schuldenstand:
Nachdem wir seit ein paar Jahren keine neuen Kredite aufnehmen mussten, geht es 2016 wieder los: über 10 Mio. in zwei Jahren (2016/17/), bis wir zum 2017 dann bei fast 50 Mio. Schulden landen sollen – im Dez hieß es noch: Ende 2018 werden wir den höchsten Schuldenstand überhaupt erreicht haben: 61,7 Mio. – aber das ist nun zumindest aus dem Zahlenwerk bereinigt durch das Strecken der investiven Maßnahmen.
Daraus ergeben sich Zinszahlungen von jährlich 1,8 Mio. Euro – die hätten man gut anderweitig verwenden können, z.B. zur Instandsetzung von Schulen.
Insofern ist der GMA-Antrag der SPD in Ordnung! Auch wenn die Einsparungen nicht ausreichend sind!
Unsere Unterfinanzierung hat mehrere Ursachen, nicht nur struktureller Art. Gleichzeitig müssen wir fragen, ob wir uns am großen Brocken Schul- und Kulturzentrum Weststadt übernehmen, der nun zeitlich gestreckt wird. Zwei Schulen werden ersetzt und dazu ein energetisch veraltetes REH – ersetzt oder saniert. Zumindest eine Grundsanierung des REH ist nach energetischen Gesichtspunkten anzugehen. Die folgenden Betriebskosten sind durch das Zusammenlegen der drei Einrichtungen endlich zu senken. Eine Notwendigkeit für unsere zukünftigen Haushalte – wer hier von Luftschlössern redet, mach sich die enormen Sparmöglichkeiten durch die Zusammenlegung nicht klar. Es handelt sich also um eine notwendige Investition, auch wegen des Zusammenwirkens der Nutzungen für Schulen und Kultur –also für alle.
Wichtig ist hier vor allem ein baldiger Neubau für die Albert-Schweitzer-Schule als Ersatz für den maroden Bau am Birkenweg. Das hatten wir bereits vor einem Jahr beantragt! Das Gebäude ist als Arbeits- und Lebensraum für Kinder und Lehrerschaft nur noch eine Zumutung. Das Wasser läuft an den Fensterinnenseiten in Klassenräume und Flure, das Dach ist an vielen Stellen undicht. Immerhin sind zur weiteren Nutzung der ASS in diesem Jahr 30 000 Euro vorgesehen, um die gröbsten Schäden in Richtung Sicherheit der Böden und Hygiene der Toiletten ein bisschen zu bremsen. Falls das nicht ausreicht, muss das Amt für Immobilienwirtschaft flexibel reagieren,
Beim Vorziehen des Neubaus der Grundschule ist das Ziel im Auge zu behalten: Ein echtes integrierten Zentrums für Kultur aller Art und für zwei Schulen, eben ASS und JSBS. Das Zauberwort heißt: Modulare Bauweise – hoffentlich lässt sich das realisieren. Dies entspricht auch dem mehrfach geäußerten Wunsch der Schule selbst und auch der gesamten Elternschaft, des GEB.
Die Prognose zu den Schülerzahlen kommt im April. Offenbar ist sie notwendig, denn das bisherige Schätzverfahren hat vor allem in LüSa versagt. Wenn sie denn kommt, sollten wir das Ergebnis abwarten.
Übernommen haben wir uns eher an den Hallen, das sollten wir zugeben. Aber zur Sanierung in HoSa und auch zu den Neubauten LüSa und Oflo stehen wir – es gab und gibt keine sinnvolle Alternative. Aber, ich zitiere den OB: „das muss noch arbeitstechnisch und finanziell eingetaktet werden.“
Wir haben aber auch Überlegungen zur Einnahmeverbesserung:
Grundsteuer: ist 2011 und 2014 erhöht worden – kann erst mal so bleiben, Erhöhung evtl. im kommenden Jahr.
Gewerbesteuer: Eine maßvolle Erhöhung des Gewerbesteuersatzes von 350 v.H. auf 370 v.H. täte uns gut und schadet den Gewerbetreibenden nicht. Wir sehen ja an den nachfragenden Betrieben, dass wir ein insgesamt gutes Angebot machen mit unserer Infrastruktur und auch mit unserem Bildungs- und Betreuungsangebot.
Je nach wirtschaftlicher Gesamtlage möchten wir im Laufe des Jahres einen Antrag für 2016 einbringen, rückwirkend soll das ja nicht gelten. Daher sind die jetzt vorliegenden Anträgen nach Erhöhung des Gewerbesteuersatzes zum jetzigen Zeitpunkt nicht besonders sinnvoll.
Wir wissen allerdings, dass keine städtische Einnahme so unsicher und so schwankend ist wie die Gewerbesteuer. Allerdings bewirkt eine leichte Erhöhung mit größerer Sicherheit eine bessere Einnahme aus als die sonst so beliebte Erweiterung von Gewerbeflächen. Hier ist nur eines sicher: Der Verlust unserer Landschaft macht unsere Stadt für die jetzige und auch für evtl. zukünftige Bürgerschaft deutlich unattraktiver. Unsere Attraktivität, mit der ja auch für Weinheim geworben wird, ist eben das grüne Umland, das nicht nur aus Wald und Bergstraßenlandschaft besteht, sondern auch aus der Feldflur in der Ebene. Über einzelne mögliche Standorte für neues Gewerbe haben wir mit den Stadtentwicklern gesprochen, da gibt es genug Chancen für kleinere und auch mittlere Unternehmen.
Breitwiesen und Hammelsbrunnen allerdings bleiben Ackerland und Gärten – das sollte sich doch auch hier in diesem Raum rumgesprochen haben. Das sieht nach wie vor auch die Mehrheit unserer Bürgerschaft so.
Auf der anderen Seite haben wir eine gute und verlässliche Einnahmequelle in den Anteilen an der Einkommenssteuer unserer Bürgerschaft. Die sollten wir keineswegs durch Verschandelung unserer Landschaft in Gefahr bringen. Schließlich planen wir Gewerbesteuereinnahmen von 28 Mio., aber ebenso viel erwarten wir an Einnahmen aus den Anteilen an Einkommens- und Umsatzsteuer. Und bei der Gewerbesteuer verschwinden wieder an die 5,5 Mio. an Umlagen.
Attraktiv wird eine Stadt nicht nur durch das Umland. Auch der Verkehr muss stimmen. Und natürlich die Innenstadt mit einem vielfältigen Angebot. (dazu werden wir uns unterhalten müssen, passt nicht so ganz zum HH.)
Wichtig ist uns der ÖPNV auch aus Gründen des Klimaschutzes. Hier ist viel getan worden, der neue Busverkehr ist sehr ordentlich, er sollte wohl noch besser beworben werden.
Auch beim Radverkehr hat sich schon einiges getan, wir sehen immer mehr Räder auf den Straßen, das kann noch attraktiver werden. Das für Radschutzstreifen bereitgestellte Geld wird dringend benötigt. Ebenso muss noch mehr für die Sicherheit der Fußgänger gemacht werden – ein beampelter Fußgängerüberweg am GRN-Krankenhaus zur Weststadt statt Brücke: Sehr sinnvoll. Hier wird der tatsächliche Fußgänger- und auch Radverkehr über die Mannheimer Straße legalisiert und attraktiv gemacht.
Beim Thema Energie denken wir an die Millionenbeträge, die die Stadt ausgibt für den öffentlichen Energieverbrauch, für Verkehrsmaßnahmen, für Gebäudesanierung, für energierelevante Anschaffungen usw. Hier ist noch viel zu leisten unter der Überschrift „Energiewende, Klimaschutz“. Unserer Fraktion ist es wichtig, dass weiterhin ein Fokus auf Energiesparen, Energieeffizienz, alternative Energien, Alternativen zum motorisierten Individualverkehr gelegt wird und wir in Zukunft weitere Anstrengungen dafür unternehmen.
Alles, was wir in dieser Hinsicht voranbringen, ist gut für die Stadtkasse, es ist gut für den Wert unserer Immobilien, gut für den Klimaschutz und gegen die Umweltbelastungen für unsere Einwohner. Wir von der GAL wundern uns schon, dass die Anstrengungen unserer Bundesregierung deutlich klimafreundlicher sind als hier die Parteien im Gemeinderat. Die Dringlichkeit scheint sich bis hier herunter noch nicht ganz herumgesprochen zu haben, dabei sind das doch eigentlich längst keine ausschließlich Grünen Themen mehr.
Wir brauchen also moderne Energiekonzepte in allen Bauprojekten wie Schulzentrum, Sanierungsgebiet westlich des Hbf. auch im Neubaugebiet Rippenweier
Wir brauchen Energetische Sanierungen bei städtischen Gebäuden. Hier gibt es einen Topf von insgesamt lediglich 3,8 Mio. Euro, eigentlich zu wenig für den maroden Bestand unserer Immobilien. Der energetisch notwendige Teil ist darin enthalten. Ebenfalls darin enthalten sind die Ausgaben für die Schulen, von den Eltern zu recht als zu knapp bemessen bezeichnet. Darin enthalten sind lediglich
30 000,- Euro für die ASS – schon erwähnt.
Und Unternehmen wie Privatleute müssen weiterhin fürs Energiesparen und für regenerative Energie gewonnen werden. Dazu wäre eine Klimaschutzleitstelle sinnvoll, sie könnte langfristig einen wichtigen, zusätzlichen Beitrag für Verwaltung und Bürgerschaft leisten. Wir hoffen weiterhin, dass noch im Zeitrahmen der möglichen Landesförderung hierfür eine Regelung gefunden werden kann.
Stellenplan: Hier freuen wir uns sehr über die drei zusätzlichen Stellen für Sozialpädagogen an den Schulen. Und die Weiterführung und damit Aufstockung des Bestands im Stadtplanungsamt erscheint uns sinnvoll.
Schwierigkeiten gab es mit den drei zusätzlichen Stellen bei der Feuerwehr – aber wir haben das ja erklärt bekommen und hoffen, dass das Gewitter bei der Feuerwehr ein reinigendes war. Schließlich wurden durch den Eklat dort einige Dinge hochgespült, die schon länger ungeklärt waren. Wir vertrauen also weiterhin auf gute Gespräche.
Ein Dank zum Schluss einer Haushaltsrede gehört dazu, daher möchte ich an dieser Stelle all denen danken, die sich für die Lebensqualität in unserer Stadt einsetzen. Und das sind viele – es handelt sich also um einen sehr großen Dank. Ganz besonders er all denen, die für eine gute Willkommenskultur für Flüchtlinge sorgen und auch für ein gutes Miteinander, von MigrantInnen und Einheimischen, von Jung und Alt, und von Hilfsbedürftigen und Hilfsbereiten. Allen ein herzliches Dankeschön.